2. Jahrhundert - Errichtung des Steinkastells Ala Nova
Der von den Flaviern begonnene großangelegte Ausbau des Verteidigungssystems erfuhr unter Kaiser Trajan (98 bis 117 n. Chr.) seine Fortsetzung und wurde durch den Ausbau einer dichten Kette von Grenzkastellen an der Donau abgeschlossen. Unter ihm war in Vindobona der ''ala I Britannica'' die ''Legio XIII Gemina'' gefolgt, die aus ihrem nur für 1000 Mann vorgesehenen Lager (3. Bezirk, Rennweg) abrückte. Die Legio XIII hingegen begann sogleich mit der Vergrößerung und dem Umbau des Lagers in Steinbauweise (98 n. Chr.). Die Baumaßnahmen im Lager Vindobona beendete die Legio XIIII Gemina, die die Legio XIII Gemina inzwischen abgelöst hatte. 114 n. Chr. rückte mit Beginn der Partherfeldzüge auch die ''Legio XV Apollinaris'' endgültig aus Carnuntum ab. Ihr folgte die aus Wien abgezogene XIV. Legion, die bis zum Ende der römischen Herrschaft an der Donau in Carnuntum stationiert blieb. Im fertiggestellten Wiener Legionslager zog die Legio X Gemina ein und blieb dort bis ins 5. Jahrhundert als Hausregiment. Es erscheint auch wahrscheinlich, dass insbesondere durch die Verlegung der ''ala I Britannica'' von Wien die Notwendigkeit bestand, die östliche Flanke des neuen Legionslagers, die einstweilen nur von Fußtruppen gesichert wurde, durch eine Reitereinheit zu verstärken. In ihrem neuen Stützpunkt Schwechat bestand bereits ein Lager. Warum das dortige Holz-Erde-Lager nicht um- oder ausgebaut wurde, kann nur vermutet werden. Möglicherweise war es strategisch nicht optimal positioniert oder seine Lage unmittelbar neben dem Mühlbach aufgrund von Uferabtragungen durch Hochwasser nicht sicher genug. Tatsache ist, dass das neue Lager von Schwechat weiter nördlich auf dem Areal des heutigen Alanova-Platzes, dem angrenzenden Friedhof und dem Brauereigelände angelegt wurde. Die Untersuchungen von 1980 weisen, zumindest für die Innenbauten, auf eine frühe Holzbauphase hin, und es ist anzunehmen, dass das Lager vollständig in Holz-Erde-Bauweise errichtet wurde. Die Datierung dieses ersten Lagers ist unsicher, kann aber gegen Ende des 1. Jahrhunderts bzw. um die Jahrhundertwende angesetzt werden. Da laut Johann Ableidinger die meisten der in Schwechat gefundenen Ziegel mit dem Stempel der ''Legio X'' versehen sind, kann man annehmen, dass das nachfolgende Steinkastell unter maßgeblicher Mitwirkung von Vexillationen dieser Legion um 114 n. Chr. erbaut wurde.
Die Regierungszeit Trajans, unter dem Pannonien in zwei Provinzen geteilt wurde, die ''Pannonia superior'' im Nordwesten und die ''Pannonia inferior'' im Südosten, und seines Nachfolgers Kaiser Hadrian (117 bis 138) gilt als die friedlichste Epoche am österreichischen Abschnitt des Donaulimes. Hadrian besuchte mehrmals die Donauprovinzen, da er sich eine verstärkte wirtschaftliche Entwicklung der Grenzgebiete zum Ziel gesetzt hatte. Der Kaiser förderte auch den Umbau der Militärlager an der Donau zu Steinkastellen (die Umwandlung von Ala Nova in ein Steinkastell ist wahrscheinlich ebenfalls in diese Zeit zu taxieren) und ordnete die Pflasterung der Limesstraße, der ''via iuxta amnem Danubium'', an.
Aber bereits unter seinem Nachfolger Antoninus Pius (138 bis 161) spitzte sich die politische Lage an der Donaugrenze wieder gefährlich zu. Konnten kleinere Vorstöße der Germanen noch relativ leicht zurückgeschlagen werden, kam es unter Antoninus Pius’ Nachfolger Mark Aurel (161 bis 180) bald zu einer rapiden Verschlechterung der Situation, da aus dem Osten zurückkehrende Soldaten eine Seuche (die sogenannte Antoninische Pest) eingeschleppt hatten, deren Auswirkungen wohl auch die Besatzung in Schwechat betroffen haben dürften. Der Druck eines unter Führung der Markomannen zustande gekommenen Bündnisses der Germanen auf die Donaugrenze wurde daraufhin immer stärker und im Jahre 167 überschritten sie schließlich die Donau in Noricum und Pannonien. Den Angreifern gelang es in einem umfangreichen Plünderungszug, Pannonien weitgehend zu verwüsten und sogar bis ins Kernland des Reiches, nach Italien, vorzudringen. Durch diesen Vorstoß und einen danach fast zwei Jahrzehnte andauernden Krieg wurden fast sämtliche Hilfstruppenlager an der Donaugrenze und das Legionslager in Vindobona beschädigt oder zerstört. Bisherige Grabungen konnten nicht sicher feststellen, ob auch Ala Nova bei diesen Kampfhandlungen in Mitleidenschaft gezogen wurde. Erst im Zuge mehrerer genau geplanter Operationen gelang es Mark Aurel, der von Carnuntum aus persönlich die Leitung des Feldzuges übernommen hatte, schließlich der Reihe nach die Markomannenkriege und ihre Verbündeten zu schlagen. Nach dem Tode des Kaisers im Jahre 180, wahrscheinlich in Vindobona, schloss sein Sohn und Nachfolger Commodus unter Beibehaltung der alten Reichsgrenze mit den Nachbarvölkern einen umfassenden Frieden.
Mit der Reorganisation des österreichischen Limesabschnittes war bereits unter Mark Aurel begonnen worden. Einerseits mussten die zerstörten Lager neu aufgebaut und andererseits auch die im langen und verlustreichen Krieg aufgeriebenen Truppenkörper ersetzt werden. All diese Maßnahmen haben sicher noch die Aufmerksamkeit mehrerer Kaiser in Anspruch genommen, sodass sie wohl erst am Ende des zweiten Jahrhunderts abgeschlossen werden konnten. Daher darf angenommen werden, dass eventuelle Kriegsschäden in Ala Nova erst in den beiden letzten Jahrzehnten des 2. Jahrhunderts vollständig beseitigt wurden. Möglicherweise fällt in diese Zeit auch die Vergrößerung des Wallgrabens.